„Handball ist meine Therapie“ – Zakhar Denysov im Interview

Kapitän des HC Motor dankbar

Seit diesem Jahr leben die Spieler des ukrainischen Handballklubs HC Motor Zaporzhzhia in der Sportstadt Düsseldorf. Gemeinsam mit ihren Familien fanden sie nach dem russischen Angriff auf ihr Land eine neue Heimat auf Zeit. Viele der Spieler sind Nationalspieler der Ukraine und durften als Profisportler das Land verlassen.

Der ehemalige Champions League-Teilnehmer und ukrainische Rekordmeister startet als 20. Mannschaft außer Konkurrenz in der 2. Handball-Bundesliga und befindet sich nach neun absolvierten Spielen auf dem 16. Tabellenplatz. Die tragende Rolle in der neuformierten Mannschaft hat Zakhar Denysov inne.

Der 32-Jährige Linksaußen spielt seit 2014 für HC Motor und ist als Mannschaftskapitän der verlängerte Arm von Trainer Gintaras Savukynas. Vor dem Spiel am Sonntag in Bietigheim hat er sich unseren Fragen gestellt. Unter anderem wie das Team mit der Situation umgeht, was die Zuschauer bei einem Besuch erwartet und was die Mannschaft in der laufenden Saison noch erreichen möchte.

D.Sports: Hallo Zakhar, schön dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. alloZuallererst: Wie fühlen Sie sich mit Ihrer Familie in Düsseldorf? Haben Sie sich gut eingelebt?

Zakhar Denysov: Hallo, sehr gern. Das ist in jeder Hinsicht großartig! Die Stadt Düsseldorf und D.Sports haben dem Team sehr geholfen! Wir haben hervorragende Bedingungen, sehr schöne Wohnungen und meine Familie fühlt sich sehr wohl! Meine Familie und ich wohnen in einer ruhigen Gegend und in der Nähe der Promenade, an der wir oft spazieren gehen. Generell gefällt uns der Lifestyle in Deutschland sehr gut.

D.Sports: Wie erleben Sie die Menschen in Düsseldorf, kommen Leute manchmal auf Sie zu, wenn Sie unterwegs sind? Sind Ihnen vielleicht auch schon Landsleute auf der Straße begegnet?

Zakhar Denysov: Nein. So etwas gab es bisher nicht. Wir sind hier ja nicht berühmt und mischen uns einfach ganz normal unter die Menschen.

D.Sports: Das ist eine schwierige Zeit für Sie. Welche Rolle spielt der Handball dabei in der aktuellen Situation?

Zakhar Denysov: Eine sehr wichtige Rolle. Das ist nicht im Moment nicht nur mein Traumberuf, sondern der Handball hilft mir, mit diesem Druck und diesen Gedanken an den Krieg und an die Zukunft meiner Familie fertig zu werden. Im Training und im Spiel liegt der Fokus gedanklich nur auf dem Sport. Man kann schon sagen, dass mein Beruf auch eine Therapie für mich ist.

D.Sports: Als Mannschaftskapitän haben sie ja von Natur aus schon eine tragende Rolle. Aber wie sehen Sie Ihre Rolle im Team selbst? Nicht nur sportlich, auch im Umgang mit der Situation? Wie erleben Sie die Nachrichten aus der Heimat?

Zakhar Denysov: In meiner Aufgabe als Mannschaftskapitän sehe ich mich als Brücke zwischen dem Team und dem Trainerstab. Da haben wir auch ein sehr gutes Verständnis und eine gute Kommunikation. Im Privaten helfen wir uns natürlich innerhalb des Teams bei allen möglichen Angelegenheiten. Das ist sehr wichtig, denn ein Team zu sein beginnt mit dem Miteinander und Füreinander. Die Nachrichten aus der Heimat sind immer wieder Nackenschläge für uns, das ist dann auch im Team sofort sichtbar. Nach den Raketenangriffen ist die Stimmung immer wieder bedrückt in der Kabine. Gleichzeitig unterstützen wir uns aber auch dabei und stehen das gemeinsam durch.

D.Sports: Sie sprechen schon davon, wie es im Team gelöst wird. Aber wie ist es für Sie ganz persönlich?

Zakhar Denysov: Im Allgemeinen ist das alles psychologisch natürlich sehr schwierig. Der Krieg läuft weiterhin und wir haben aktuell kein Zuhause. Dazu können wir auch nichts planen, leben nur im hier und jetzt, weil wir ja gar nicht wissen, wie alles weitergeht.

D.Sports: Kommen wir zum Sportlichen. Sie sind sicherlich nicht wie erhofft in die Saison gestartet. Wie ist Ihr Eindruck bisher und woran müssen Sie Ihrer Meinung nach noch arbeiten?

Zakhar Denysov: Ja, wir wollten unbedingt etwas besser abschneiden. Aber wir wussten, dass das alles schwer werden würde. Es ist ein neu zusammengestelltes Team mit vielen neuen und jungen Spielern. Das braucht einfach Zeit. Wir müssen den Kopf oben behalten und weiter daran arbeiten, als Team auf dem Feld noch besser zu funktionieren. Aktuell spielen wir nahezu alle drei Tage, das ist eine neue Erfahrung für einige mit der hohen körperlichen Belastung.

D.Sports: Heißt, je länger die Saison dauert, desto besser erwarten Sie Ihre Ergebnisse?

Zakhar Denysov: Ja, das würde ich sagen, das trifft es ganz gut. Es wird wichtig sein, Verletzungen zu vermeiden, denn für uns ist jeder Spieler wichtig. Wenn uns das gelingt, dann werden wir mit jedem Spiel mutiger und selbstbewusster.

D.Sports: Wenn Sie den Zuschauern erklären müssten, was sie bei einem Spiel von HC Motor erwarten können und warum sie ein Spiel besuchen sollten – was würden Sie sagen?

Zakhar Denysov: Siege kann ich ihnen natürlich nicht versprechen. Aber ich verspreche den Fans, das wir immer alles geben. Wir kämpfen bis zum Schluss und zeige unseren wollen damit auch für den Charakter unseres Vereins HC Motor stehen. Die Hauptsache ist, mit Herz zu spielen – und das kann ich den Zuschauern auch versprechen. Wir brauchen Ihre Unterstützung in dieser schwierigen Zeit!

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